Bei meinen Kunden und aus eigener beruflicher Erfahrung habe ich meist einen Ă€hnlichen Eindruck: Die Kalkulationsbasis fĂŒr die Spritzgussproduktion ist teils bis zu zehn Jahre alt! Es wird mit Zahlen gerechnet, die nicht mehr up to date sind. NatĂŒrlich bleiben bestimmte Faktoren immer gleich und verĂ€ndern sich nicht.
Aber denken wir einmal darĂŒber nach, was auf der Welt passiert ist, seit ein Kunststoff-Serienprodukt vor fĂŒnf Jahren entwickelt und kalkuliert wurde. Seitdem erleben wir eine Pandemie, den fortschreitenden Klimawandel, internationale Konflikte und eine daraus folgende Wirtschaftskrise. Die Folgen davon sind mittlerweile sowohl bei privaten Haushalten als auch bei Unternehmen angekommen.
Meine Empfehlung an alle SpritzgieĂer: In diesen Zeiten zahlt es sich aus, die Kalkulation regelmĂ€Ăig auf den PrĂŒfstand stellen.
Ob sich neue Investitionen trotzdem lohnen, habe ich mir anhand der AnwendungsfÀlle unserer Kunden angeschaut.
Kostentreiber Krise: Diese Bereiche sind betroffen |
Alles wird teurer: Diese Investitionen lohnen sich trotzdem |
Fazit: Investieren in der Krise? |
Heute sind fast alle Bereiche unseres Lebens von den weltweiten VerĂ€nderungen betroffen. Vier wichtige Faktoren fĂŒr die Kostensteigerung im Kunststoff-Spritzguss sind dabei:
Der wichtigste Faktor, der bei der Ăberarbeitung der Spritzguss-Kalkulation berĂŒcksichtigt werden sollte, ist der gestiegene Strompreis. Verzögerte Gas- bzw. Erdöl-Lieferungen lieĂen die Kosten in die Höhe schnellen. Das macht sich in der Betriebskostenabrechnung deutlich bemerkbar.
Klimaanlagen, Heizung, KĂŒhlung und allein der Betrieb von Produktionsmaschinen sind heute um ein Mehrfaches teurer als noch vor einem Jahr. Die meisten Unternehmen berĂŒcksichtigen das jedoch nicht in ihrer Kalkulation.
Ein Beispiel aus der Praxis ... Der Trockner einer Spritzgussmaschine verbraucht einen groĂen Anteil des gesamten Strombedarfs. Wegen der gestiegenen Energiepreise bedeutet das Mehrkosten von tausenden Euro! |
Ein Faktor, der sowohl Stromkosten als auch sonstige Betriebskosten in die Höhe treibt, sind vermeidbare StillstĂ€nde. Diese Verzögerungen fĂŒhren zu enormem Strombedarf, denn die HeizbĂ€nder der Maschine mĂŒssen die Betriebstemperatur so lange halten, bis der Fehler behoben ist.
Ein Beispiel aus der Praxis ... Ein Neukunde hatte schon lange mit unnötigen StillstĂ€nden zu kĂ€mpfen. Die unĂŒbersichtliche Maschinenhalle machte es den Mitarbeitern schwer, rechtzeitig und schnell auf StillstĂ€nde zu reagieren. Diese Mehrkosten nahm das Unternehmen lange in Kauf. Als die Strompreise in die Höhe schnellten, war klar, dass Handlungsbedarf bestand: WĂ€hrend im Jahr 2020 56.000 ⏠an Stromkosten bezahlt wurden, betrug der Preis 2022 188.000 âŹ! |
Aber nicht nur die Strompreise haben die Betriebskosten fĂŒr Spritzgussmaschinen gesteigert. Die StabilitĂ€t der globalen Lieferketten ist nicht mehr gegeben. Sie wurden durch die Pandemie, internationale Konflikte oder andere Ereignisse beeintrĂ€chtigt. Wichtige Ersatz- oder Bauteile fĂŒr Werkzeuge sind nicht immer leicht zu bekommen. Die Kombination aus Knappheit und hoher Nachfrage treibt die Preise in die Höhe.
Dementsprechend hoch ist auch das Risiko fĂŒr teure Wartungen oder Instandhaltungen. Instabile Prozesse, welche die Lebenszeit von Maschine oder Werkzeugen beeintrĂ€chtigen, sollten deshalb dringend vermieden werden.
Nicht nur die globalen Lieferketten von Bau- und Ersatzteilen, sondern jene auch von Rohstoffen sind durch die Krisen betroffen. Gleichzeitig soll die Nutzung von Ausgangsstoffen aus fossilen Quellen zugunsten des Klimaschutzes zurĂŒckgefahren und auf recycelte Stoffe umgesattelt werden. Dies wird teils von Auftraggebern sogar verlangt. Deshalb sollte man in der Kalkulation gegebenenfalls höhere Kosten fĂŒr Kunststoff-Granulate berĂŒcksichtigen.
Achtung: Auch kurze MaschinenstillstĂ€nde, die durch kleine Störungen wie verklemmte Teile oder UnregelmĂ€Ăigkeiten in der Materiallogistik ausgelöst werden, sind groĂe Ressourcenverbraucher. Die Betriebstemperatur muss bis zur Behebung mit teurem Strom gehalten, die thermisch geschĂ€digte Schmelze unverwendet ausgespritzt werden.
Ein Beispiel aus der Praxis ... Bei der Analyse eines Kunden ergaben sich zusĂ€tzliche Kosten fĂŒr Material und Energie von ~ 11 ⏠pro Kurzstillstand. Nimmt man an, dass ein solcher Stillstand ein Mal tĂ€glich passiert, resultiert das bei 25 Maschinen in zusĂ€tzlichen Kosten von 79.200 ⏠jĂ€hrlich! â Zur Lösung von AISEMO Statt die Preise fĂŒr den Kunden aufgrund teurer Rohstoffe zu erhöhen, sollte also zuerst in die Vorbeugung unnötiger StillstĂ€nde investiert werden. |
Als wÀre die Wirtschaftskrise nicht genug, trifft die meisten Unternehmen auch noch der FachkrÀftemangel. Es wird immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden. Jeder ist von Inflation und Teuerung betroffen und benötigt dementsprechend mehr Geld.
Gemeinsam mit den Löhnen steigen auch die laufenden Kosten der Unternehmen fĂŒr die Arbeiter und Angestellten. Hinzu kam die hohe Zahl an AusfĂ€llen durch KrankenstĂ€nde in den vergangenen Wochen und Monaten.
Ein Beispiel aus der Praxis ... Geisterschichten (Produktionsstunden ohne Anwesenheit von Personal) sind in der produzierenden Industrie keine Seltenheit. Die Produktion eines unserer Kunden war besonders durch diese ineffizienten Schichten beeintrĂ€chtigt: Maschinen standen teils bis zum Eintreffen der nĂ€chsten Schicht still. Ein groĂes Verbesserungspotential! â Zur Lösung von AISEMO HĂ€ufig sind aber auch ânormaleâ Schichten unterbesetzt. Wenn MaschinenstillstĂ€nde aufgrund von Personalknappheit zu spĂ€t behoben werden, leidet auch die Effizienz. |
ZusĂ€tzlich zu den wirtschaftlichen Krisen kommt auch noch der Klimawandel. Wir alle wollen die Erde fĂŒr die nĂ€chsten Generationen lebenswert zurĂŒcklassen. Doch manchmal ist das gar nicht so einfach.
Der Umstieg auf erneuerbare Energien oder nachhaltige Rohstoffe, die Effizienzsteigerung der Produktion: All das ist mit gewissen Investitionen verbunden â Zeit, Geld und/oder Personal. Nicht jedes Unternehmen hat auf den ersten Blick die Ressourcen dafĂŒr. Allerdings ist abzusehen, dass Richtlinien fĂŒr Nachhaltigkeit und Klimaschutz Anpassungen von Betriebs- oder ProduktionsablĂ€ufen verpflichtend notwendig machen werden.
Hier ein paar Beispiele von Richtlinien/Gesetzen zur Steigerung der Nachhaltigkeit, die gerade in Bearbeitung sind:
Ausblick & EinschĂ€tzung Auch, wenn viele auf Vorschriften ânur wegen des Klimawandelsâ ablehnend reagieren, bin ich trotzdem der Meinung, dass sich die Investition in Nachhaltigkeit oder die Steigerung der Effizienz immer lohnt und vor allem rentiert â egal aus welchen BeweggrĂŒnden. Welche Möglichkeiten Unternehmen dafĂŒr haben, lesen Sie in den folgenden AbsĂ€tzen. |
NatĂŒrlich werden in unsicheren Zeiten geplante Erweiterungen des Maschinenparks, Umstrukturierungen und Ă€hnliche Investitionen gerne aufgeschoben. Das Risiko, hohe Kredite aufzunehmen oder sich finanziell zu verschĂ€tzen, erscheint zu groĂ. Doch die Produktion kann auch schon mit kleinen Aufwendungen verbessert werden!
Investitionen in diese Bereiche rentieren sich:
Bis zum vollstĂ€ndigen Umstieg auf erneuerbare Energien werden wir noch etwas Geduld brauchen. Bis dahin können Unternehmen selbststĂ€ndig einige wichtige Schritte gehen, um unabhĂ€ngig(er) von fossilen Energiereserven zu werden. Es gibt eine groĂe Bandbreite an Möglichkeiten, je nach individuellem Budget:
Tipp: Zur Verringerung der Energiekosten ist die auch die BeschĂ€ftigung mit dem COâ-FuĂabdruck sinnvoll!
Ein Beispiel aus der Praxis ... Bei einem Kunden identifizierten wir: > Jede Maschine steht bis zu 100 h pro Monat in beheiztem Stillstand
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Die BeschĂ€ftigung mit der StabilitĂ€t des Spritzguss-Prozesses jeder einzelnen Maschine ist ein wesentlicher Faktor fĂŒr die Produktionseffizienz. Jede Verzögerung kostet bares Geld. Je stabiler der Prozess ablĂ€uft und je optimaler die einzelnen Schritte aufeinander abgestimmt sind, desto geringer ist das Risiko fĂŒr StillstĂ€nde oder AusfĂ€lle.
Möglichkeiten zur Erhaltung und Steigerung von StabilitÀt & Effizienz:
AISEMO Analytics wertet beispielsweise Bewegungs- und Vibrationsdaten der einzelnen Spritzgussmaschinen aus, um den Produktionsstatus jeder vernetzten Maschine anzuzeigen. Anhand der erfassten Daten können Schwachstellen im Prozessablauf aufgedeckt werden.
Hilfreich an der digitalen Ăberwachung ist auch die Möglichkeit, StillstĂ€nde zu detektieren. Anstatt mit einem teils unscheinbaren Warnlicht werden Mitarbeiter durch eine Benachrichtigung auf einem Monitor oder mobilen EndgerĂ€t darauf aufmerksam gemacht.
Das erleichtert nicht nur die Arbeit in der Maschinenhalle, es verringert auch die Reaktionszeit auf StillstĂ€nde messbar. Je kĂŒrzer die Stillstandszeit, desto lĂ€nger die Produktionszeit und desto höher die Produktionseffizienz!
Eines der Ziele bei der Entwicklung von AISEMO Analytics ist die automatische Erfassung der StillstandsgrĂŒnde durch eine eigens trainierte KI. DafĂŒr wird jeder Stillstand von den Mitarbeitern auf einem Tablet direkt an der Maschine eingetragen und kategorisiert. Das erleichtert auch die Protokollierung und die rĂŒckwirkende Auswertung der hĂ€ufigsten Ursachen fĂŒr Produktionsverzögerungen.
Wenn es darum geht, nachhaltig und umweltschonend zu wirtschaften, zĂ€hlt jedes eingesparte Kilogramm an Kunststoffgranulat. NatĂŒrlich erscheint das auf den ersten Blick nicht viel, doch man muss nur daran denken, wie sich auch diese Menge in einer Maschinenhalle im Laufe eines Jahres summiert. Es liegt also auch in der effizienten Nutzung der Rohmaterialien ein groĂes Einsparungspotential. So kann sich auch die Verarbeitung von recyceltem Granulat rentieren.
Ein Beispiel aus der Praxis ... Mit AISEMO Analytics stellten wir bei einem Kunden fest: > Kurz-StillstÀnde beeintrÀchtigen die Effizienz der Maschinen deutlich
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Gleichzeitig bedeutet das auch einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz! Was die Voraussetzungen fĂŒr die erfolgreiche Zukunft mit Kunststoffen sind, hat AISEMO CEO Wolfgang Auer in diesem Blogartikel zusammengefasst:
Zum Artikel "Sechs Voraussetzungen fĂŒr die erfolgreiche Zukunft mit Kunststoff"
In wirtschaftlich unsicheren Zeiten fĂ€llt die Entscheidung fĂŒr eine Investition nicht leicht. Zahlt es sich aus, zusĂ€tzliche Zeit aufzuwenden, um versteckte Energiefresser aufzudecken? Muss die ohnehin instabile Produktion wirklich durch regelmĂ€Ăige Wartungen unterbrochen werden? Rentiert sich die digitale Vernetzung des Maschinenparks tatsĂ€chlich?
NatĂŒrlich hat jeder finanzielle und zeitliche Aufwand Risiken. Die Beispiele aus der Praxis zeigen welche Kostenbandbreite bei Investitionen berĂŒcksichtigt werden muss. Meiner Erfahrung nach haben sich Investitionen in die Prozess-StabilitĂ€t oder die Steigerung der Produktionseffizienz langfristig immer gelohnt â vorausgesetzt die Implementierung findet in Zusammenarbeit mit einem Experten statt. Dabei können Sie von Praxiserfahrung und Know-how profitieren und Ihre wertvollen Ressourcen auch sinnvoll einsetzen.