Die Sonderschau „Plastics shape the future“ war eine der Programmpunkte der diesjährigen K, auf die ich besonders neugierig war. Im Nachhinein kann ich sagen: Meine Erwartungen wurden erfüllt.
Es fanden inspirierende Diskussionen von Personen aus verschiedensten Unternehmen statt, die spannende Perspektiven eröffneten. Es war wirklich interessant, unterschiedliche Meinungen aus den verschiedensten Feldern der Branche zu hören.
Ich habe mich einerseits besonders mit den beiden Pannel-Diskussionen am Vormittag des dritten Messetags beschäftigt: „What could a circular and climate neutral future look like?“, und „How can plastics be part of a sustainable future?“.
Andererseits habe ich mir auch den „Reality Check“ von Marco ten Bruggencate, Präsident von Plastics Europe angehört, „Global crises – curse or blessing for an industry in transition.“, der am 25. Oktober stattfand. Für ten Bruggencate bedeuten die aktuellen Krisen nicht nur Gefahren, sondern auch große Möglichkeiten. Er sieht darin eine Chance für Veränderung.
Diese optimistische Perspektive möchte ich für mich und AISEMO übernehmen. Wir wollen weiterhin mit Motivation an unseren Produkten arbeiten, um die Kunststoff-Verarbeitung ein kleines Stück effizienter und besser zu gestalten. In diesem Artikel möchte ich sechs Voraussetzungen für die erfolgreiche Zukunft der Kunststoffbranche aufzeigen, die sich für mich aus den Diskussionen auf der K ergeben haben.
Die Kunststoff-Industrie in der Krise?
In den Diskussionen sind sich die Expertinnen und Experten einig: Die Kunststoff-Industrie befindet sich im Krisenmodus. Wir müssen dringend investieren, um im globalen Wettbewerb eine Chance zu haben. Die Entscheidungen für Investitionen müssen heute und nicht erst morgen getroffen werden.
In diesem Zusammenhang machen mich die Aussteller der K optimistisch: Die Motivation, die gesamte Wertschöpfungskette von Grund auf zu verändern, ist da! So viele Unternehmen sind bereit, nach vorne zu schauen und daran zu arbeiten, dass Kunststoff auch in Zukunft ein wertvolles Material bleibt.
Voraussetzung Nr. 1: Investition in erneuerbare Energiequellen
Am Weg zur klimaneutralen Zukunft begegnen uns einige Herausforderungen, die Veränderungen bremsen, aber auch beschleunigen können – je nach dem, aus welcher Perspektive man sie betrachtet. So war beispielsweise der Krieg in der Ukraine Gesprächsthema.
Rückständige Gaslieferungen warfen einmal mehr die Frage auf: Wie können wir von fossilen Energiequellen unabhängig werden? Unter Zeitdruck waren mögliche Alternativen schneller gefunden als gedacht. Die Bereitschaft, in erneuerbare Energiequellen zu investieren, war so hoch wie noch nie.
Oft unterschätzt: Energiesparen & Verbrauch reduzieren
Knappe Energiequellen wie Öl und Gas haben eine weitere Folge: Die Stromkosten erreichen Rekordhöhen. Neben dem Umstieg auf erneuerbare Energiequellen darf deshalb eine weitere wichtige Maßnahme nicht fehlen: das Energiesparen!
- Unnötiger Energieverbrauch bedeutet heute nicht nur die Nutzung knapper fossiler Rohstoffe und erhöhte CO2-Emissionen, sondern auch enorme Kosten. Die Evaluierung des aktuellen Energiebedarfs und die Beschäftigung mit Einsparungspotentialen hilft dabei, laufende Kosten der Produktion zu verringern.
Voraussetzung Nr. 2: CO2-Emissionen verringern
Diese schnelle Handlungsbereitschaft in der Krise beweist: Das Geld für eine klimaschonende Industrie ist da. Um die unnatürlichen Klimaveränderungen auf der Erde einzubremsen, müssen wir dringend etwas tun: Die Kohlenstoff-Emissionen müssen drastisch reduziert werden. Das bedeutet auch, dass wir Alternativen zu fossilen Rohstoffen finden müssen.
An dieser Stelle kommen auch Kunststoffe ins Spiel. Bei den Gesprächen und Keynotes der Sonderschau „Plastics shape the future“ haben die Gäste die aus ihrer Sicht notwendigen Voraussetzungen für einen klimaschonenden Umgang mit Kunststoffen diskutiert.
Voraussetzung Nr. 3: Entwicklung alternativer Rohstoffe
Am Anfang der Verarbeitung von Kunststoffen stehen dessen Rohstoffe. Diese können zu einem gewissen Grad oder vollständig recycelt sein. Auf unserem Weg zur Klimaneutralität muss der Anteil an wiederverwerteten Kunststoffen im Granulat so weit wie möglich gesteigert werden.
Außerdem müssen wir weiter in die Entwicklung klimaneutraler Materialien und Technologien investieren. Das Ziel ist, dass keine Rohstoffe aus fossilen Quellen mehr hergestellt werden und die CO2-Bilanz gegen Null geht.
Ralf Drüssel, der Vorsitzende von Plastics Europe Deutschland, hat es bei einer Diskussion am 21. Oktober 2022 („How can plastics be a part of a sustainable future?”) auf den Punkt gebracht:
„Plastics need to move away from fossile ressources (…) they need to stay in the economy and outside the environment.”
Voraussetzung Nr. 4: Stärkung der Kreislaufwirtschaft
Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist die wesentliche Voraussetzung dafür, diese hochgesteckten Ziele zu erreichen und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu beenden. Die Basis für die Kreislaufwirtschaft sind wiederum die „drei R“: reuse, reduce, recycle – das Wiederverwenden, Reduzieren und Wiederverwerten von Kunststoffen.
Im weltweiten Vergleich funktioniert das Recycling von Kunststoffen in Europa gut, wobei immer noch Luft nach oben ist. Laut einer Studie des Europäischen Parlaments lag die Recyclingquote in Österreich 2018 zwischen 30 – 40 %, in Deutschland zwischen 40 – 50 %. EU-weit gehen bis zu 95 % des Wertes von Kunststoff-Verpackungsmaterial nach dem ersten Nutzungszyklus verloren.
Nutzung wiederverwendbarer, langlebiger Materialien
Bei der Diskussion zur Frage „What could a circular and climate neutral future look like?” am Freitag, 21. Oktober 2022, waren sich die Gäste einig: Wir müssen stärker in die Entwicklung langlebiger Materialien investieren als in die Wiederverwendung (reuse).
Die aktuell wichtigste Herausforderung ist allerdings: Wie behalten wir Kunststoffe im Produktkreislauf, sodass sie so lang wie möglich wiederverwendet werden, bevor wir sie verwerten oder entsorgen?
Eine vollständige, nachhaltige Kette der Wiederverwendung braucht logistische Voraussetzungen: Benutzte Kunststoffe, wie beispielsweise PET-Flaschen, müssen wieder eingesammelt und an eine zentrale Stelle weitertransportiert werden. Sie müssen für den weiteren Gebrauch entsprechend korrekt gereinigt und erneut ausgeliefert werden. Das erfordert branchenübergreifende Zusammenarbeit, die zukünftig forciert werden muss.
Ökodesign: Gestaltung wiederverwendbarer, langlebiger Produkte
Der Vorteil an Reuse-Modellen ist unter anderem, dass diese auch von den Konsumentinnen und Konsumenten besser verstanden und eher durchgeführt werden. Willemijn Peeters, die Gründerin von Searious Business, forderte deshalb, Produkte aus Kunststoff genau so zu gestalten, dass sie wiederverwendbar sind. Nur so behalten sie ihren Wert und ihr Produktlebenszyklus ist so ausdauernd wie möglich.
Die Gründerin ist sich sicher: Es sind finanzielle Vorteile, die Unternehmen zum Umdenken bewegen. Der Ansicht von Willemijn Peeters nach sollte es deutlich profitabler sein, langlebige, wiederverwendbare Kunststoff-Produkte zu produzieren.
Bei der Gestaltung müssen die Prinzipien des Ökodesigns („ecodesign“) stärker zur Anwendung kommen; Im Produktlebenszyklus ist die Zusammenarbeit der einzelnen Abschnitte gefragt: von der gemeinsamen Nutzung einheitlicher Verpackungsmaterialien über den gemeinschaftlichen Transport bis zu einer zentralen Reinigung.
Voraussetzung Nr. 5: Branchenübergreifende Zusammenarbeit
Die Pandemie hat gezeigt, dass auch die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Ländern, der Wissenschaft und der Politik möglich ist. Diese Kooperationen müssen auch zukünftig weitergeführt werden – nicht nur was die Entwicklung von Impfstoffen angeht – schlägt Marco ten Bruggencate, der Präsident von Plastics Europe, in seiner Keynote zu „Crises & Opportunities“ am Dienstag (25. Oktober 2022) vor.
Nur mit dem Wissen und den Erfahrungen der Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette können wir zukunftsfähige Innovationen und klimaschonende Technologien entwickeln.
Voraussetzung Nr. 6: Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen
Die Zusammenarbeit für einen nachhaltigen Produktlebenszyklus benötigt laut Marco ten Bruggencate jedoch auch die richtigen politischen Rahmenbedingungen. Das sind zum Beispiel Standardisierungen, Transparenz und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Nur so können wir auch die Wettbewerbsfähigkeit der EU sicherstellen und langfristig am weltweiten Markt teilnehmen.
Mein Fazit zur Zukunft der Kunststoff-Industrie
Mein Fazit aus den Diskussionen der „Plastics shape the future“-Sonderschau: Die Kunststoffbranche hat eindeutig das Potenzial, mit ihren Produkten und Rohstoffen die Zukunft mitzugestalten. Jeder einzelne, der mit diesem wertvollen Material zu tun hat, ist Teil der Lösung und kann zum Klimaschutz beitragen.
Aber nicht nur der Anteil jedes einzelnen ist ausschlaggebend. Auch die Ergebnisse und Innovationen, die sich aus der Zusammenarbeit ergeben, sind wesentliche Bestandteile unseres Weges in eine klimaschonende Zukunft.
Ich bin stolz darauf, dass wir von AISEMO die Zukunft der Kunststoffbranche mitgestalten!